Kinder Gebären. Auch nur ein Job?
Brötchen, Autos und Kinder. Was passt nicht in diese Reihe? Wenn Kinder zur Ware werden, geraten Debatten zum Thema gern absurd.
Es gibt Argumente, die nicht besser werden, indem sie wiederholt werden. Aber man sollte sie beizeiten entkräften, bevor sie sich als Idee verfestigen. Letzte Woche hatte ich in meiner Debatte zu Leihmutterschaft in der Sendung STIMMT! wieder das recht absurde Argument gehört, das sei ja deswegen kein Kinderhandel, wenn man ein Kind bestellt, bezahlt und dann ausgehändigt bekommt, weil das Geld, das da fließe, ja nicht für das Kind sei, sondern nur für die "Dienstleistung" einer Schwangerschaft. Der Produktionsprozess wird also bezahlt, nicht aber das entstandene Produkt Kind.
Nicht fehlen durfte auch der Vergleich mit analogen Dienstleistungen, die doch auch als körperliche Tätigkeit auf dem Markt angeboten werden, wie etwa die Leistung einer Putzfrau (ernsthaft!) oder jener eines Physiotherapeuten. Mein Mitdiskutant, selbst stolzer Besitzer dreier Leihmutterkinder, verglich es an anderer Stelle bereits einmal mit der Leistung eines Friseurs, der schließlich auch seine Hände vermietet. Die Frau vermietet also einfach nur ein anderes Körperteil, nämlich ihre Gebärmutter für 9 Monate.
Bevor man in hysterisches Gelächter ausbricht, angesichts solcher Vergleiche, muss man betonen, dass dies wirklich ernstgemeinte Argumente waren und nicht etwa Polemiken, auch der Moderator teilte diese Meinung. Wir sind in der Debatte über Leihmutterschaft bereits auf dem Tiefpunkt angelangt, dass das Gebären eines Kindes mit dem Putzen einer Wohnung und dem Erstellen eines Haarschnitts verglichen wird. Man fühlt sich als Fraue nahezu genötigt, darauf hinzuweisen, dass diese Argumente allesamt von Männern vorgetragen wurden. Über das dazu passende Mutterbild denke ich noch nach.
Vom Blow-Job zum Gebär-Job
Dies Argument “Es ist ja nur eine Dienstleistung” begegnete mir bei meiner Recherche zu meinem aktuellen Buch “Ich kauf mir ein Kind” allerdings mehrfach auch an anderen Stellen. Es waren oft dieselben Leute, die der Meinung sind, Prostitution sei eben auch nur ein Job, also das Angebot der Dienstleistung Sex gegen Geld.
Die eine vermietet ihre Vagina für eine halbe Stunde, die andere eben ihren Uterus für 9 Monate. Die eine macht eben einen Blow-Job, die andere einen Gebär-Job. In beiden Fällen macht das in dieser Rhetorik der Frau, die an diesen Körperöffnungen und Organen dranhängt ansonsten emotional keinen Stress, schließlich ist sie selbstbestimmte Sexarbeiterin oder analog eben Reproduktionsarbeiterin. Gehen Sie weiter, es ist nichts passiert, hier machen emanzipierte Frauen einfach ihre Arbeit. Ironiemodus aus.
Kommen wir also noch einmal zur Ausgangsfrage zurück: Bezahlt der Besteller eines Kindes also nur die Dienstleistung des Gebärens oder bezahlt er das entstandene Produkt Kind? (Aus-)Nutzer der Leihmutterschaft haben ja das Problem, irgendwie schönreden zu müssen, dass hier Geldsummen im 100.000er Bereich gezahlt werden, es soll aber kein Mensch gekauft worden sein, denn das wäre ja Menschenhandel und das macht sich doch ganz schlecht im Lebenslauf. Wenn also jene, die Leihmutterschaft in Anspruch nehmen, das selbst in den Dienstleistungsbereich verlegen, dann bleiben wir doch einfach mal dort.
Ich kauf mir ein Brötchen
Fragen wir also anders: Wenn Sie zum Bäcker gehen, ein Brot bestellen, die Sorte aussuchen, bei der freundlichen Bäckereifachverkäuferin Ihre vier Euro bezahlen - haben Sie den Bäcker dann nur für den Dienst in der Backstube bezahlt, oder wollen sie das Brot auch mit nach Hause nehmen? Einpacken zum Mitnehmen, oder dalassen?
Oder, wenn Sie sich einen Neuwagen bestellen für 100.000 Euro und sich aus dem Katalog Hersteller, Farbe und Extras aussuchen, wollen Sie den Wagen auch haben und damit nach Hause fahren oder haben sie die netten Herren am Fließband nur für die Herstellung bezahlt? Gehen Sie um 100.000 Euro erleichtert vom Autohaus zu Fuß nach Hause, weil Sie das Auto gar nicht haben wollen, sondern nur den Arbeitern das Bauen ermöglichen wollten, um ihnen eine Freude zu machen?
Wenn das so wäre: Wieso haben Sie dann vorher einen Kaufvertrag abgeschlossen und sich die Extras und die Farbe vorher ausgesucht und den Liefertermin abgesprochen? Und was passiert nun mit dem Auto? Wird es wieder verschrottet, weil es ja nur um das Bauen ging?
Zulassungsstelle oder Standesamt?
Leihmutterschaft ist nichts anderes als das Bestellen nach Katalog, eine Art Tinder mit guten Genen. Man sucht aus Online-Katalogen die Gebärmaschine aus, das Produktionsmaterial wie Eier und Samenzellen mit gutem Stammbaum und Lieblingshautfarbe. Man bestellt Extras wie das passende Geschlecht und die einwandfreie Gesundheit - wer will schon ein kaputtes Kind mit Produktionsfehlern? Und wenn es auf der Welt ist, nimmt man das produzierte Produkt Kind quasi backfrisch aus dem Kreissaal mit nach Hause. Brötchen schmecken frisch aus dem Ofen schließlich auch am besten.
Sie nehmen also den niedlichen kleinen Backfisch mit - und zwar selbst dann, wenn die “Herstellerin” das “Produkt” dieser „Dienstleistung“ doch lieber behalten will, denn dafür hat man ja diesen hübschen Vertrag gemacht, der sie zwingt, einem das “Produkt” dieser “Dienstleistung” auszuhändigen und auf ihre eigenen Besitzansprüche zu verzichten. Man lässt sich zudem auch die Zulassungspapiere aushändigen, die man braucht, um sich die Verfügungsgewalt auf einem staatlichen Amt mit Stempel juristisch garantieren zu lassen. Die einen gehen zum Straßenverkehrsamt, die anderen eben zum Standesamt zum Anmelden.
Bestellt, bezahlt und abgeholt. Brötchen, Autos oder Kinder. Passt Ihnen das alles in eine Reihe?
Seit letzter Woche ist mein Buch „Ich kauf mir ein Kind“ über das unwürdige Geschäft der #Leihmutterschaft offiziell im Handel. Dort können Sie alle nachlesen, wie das Geschäft global funktioniert und warum der Versuch der #Ampel-Regierung, eine angeblich altruistische, also „nicht-kommerzielle“ Leihmutterschaft in Deutschland zu legalisieren, nur verschleiert, was hier tatsächlich für ein Milliardenbetrieb global ermöglicht wird. Die Frage, mit welchem Begriff man den Vorgang benennt, verschleiert nicht die Tatsache, dass am Ende des Tages ein Kind, wie ein Objekt behandelt wird und den Besitzer wechselt.
Hier der Link zur Sendung STIMMT!, die ich oben erwähnte, wir haben hart gerungen und wir sind uns nicht einig geworden, und haben anschließend zusammen ein paar Gläse Wein gekippt. Ich finde es gut, dass wir es offen diskutieren konnten in einer deutschen Talkshow, so wie es immer sein sollte: Hart im Thema, respektvoll im Umgang.
Streng genommen, ist es eine Dienstleistung. Weder das Ei, noch das Sperma sind von der Leihmutter. Sie stellt nur ihre körperliche Funktion zur Verfügung.
Aber:
Im Gegensatz zur Prostitution werden hier zwangsläufig Gefühle entwickelt. Immerhin geht es um den Kern des Lebens an sich, um die Geburt. Und einer Mutter direkt nach der Geburt das Kind zu entreissen, halte ich für unmenschlich. Ich denke, hier wird eindeutig eine Grenze überschritten. Da nützen auch keine Vergleiche mit anderen Dienstleistungen.
Vorschlag: eine der Leistungserbringer:nnen möge doch beim zitierten Leistungsnehmer ihre Leistung mit einer straffen Sectio verbinden. Sine Analgesiae